Deutsche Reichsbahn (-Gesellschaft) (1924-1949)
Im Ersten Weltkriegs erwies sich die Durchquerung mehrerer Länderbahnen für die deutschen Streitkräfte als ernstzunehmendes logistisches Hindernis. das hatte zur Folge, dass die regionalen Eisenbahnverwaltungen im Kriegsverlauf mehr und mehr von militärischen Stellen kontrolliert wurden. Viele politische Vertreter und auch die Industrie forderten daraufhin eine Vereinigung der Länderbahnen, um die verkehrliche und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der neuen Republik voranzutreiben.
Im Jahre 1920 wurden die bisherigen deutschen Länderbahnen als »Reichseisenbahnen« zusammengefasst. Als Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges (1914-1918) sah der Dawes-Plan jedoch vor, die Reichseisenbahnen komplett an die Reparationsgläubiger zu verpfänden. Die Regierung erließ daraufhin die »Verordnung über die Schaffung eines Unternehmens 'Deutsche Reichsbahn'« vom 12. Februar 1924, in der diese ein »selbständiges, eine juristische Person darstellendes, wirtschaftliches Unternehmen« darstellt, »durch das es die im Eigentum des Reiches stehenden Eisenbahnen betreibt und verwaltet.«
Doch das ging den Gläubigern noch nicht weit genug. Daraufhin wurde am 30. August 1924 das »Gesetz über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Reichsbahngesetz)« erlassen, das die privatwirtschaftlich agierende Gesellschaft begründete. Die Gewinne aus dieser Gesellschaft sollten bis zu einer Höhe von 11 Milliarden Goldmark an die Sieger abfließen, was einer Abführung von rund 660 Millionen Reichsmark jährlich entsprach. Die DRG wurde erst 1931 von ihrer Zahlungsverpflichtung im Rahmen des Lausanne-Abkommens befreit.
Unter dem Druck dieser gewaltigen finanziellen Belastung suchte die Reichsbahn ab 1924 händeringend nach Einsparpotenzial, was in die Entwicklung zahlreicher neuer Technologien und Betriebsabläufe zur Optimierung der Wirtschaftlichkeit mündete. Anfang der 1920er-Jahre waren Triebwagen noch ein vergleichsweise seltener Anblick auf deutschen Gleisen, lediglich die preußischen Wittfeld-Speichertriebwagen und die Vorortzüge Hamburgs hatten sich in größerer Stückzahl bewährt. Doch durch den Kostendruck rückten diese Fahrzeuge nun ganz besonders in den Fokus der Verantwortlichen, die gegenüber traditionellen dampflokbespannten Wagenzügen ein enormes Leistungspotenzial beim Einsatz elektrischer Triebwagen und ein großes Einsparpotenzial durch motorgetriebene Triebwagen vermuteten.
Die Entwicklung der folgenden Jahre war geradezu sprunghaft: In Preußen und Bayern entstanden in kurzer Folge brauchbare Elektrotriebwagen, während ab 1930 auch die Verbrennungsmotoren und die Getriebe vielversprechende Fortschritte machten. Schon ab Mitte der 1930er-Jahre galten Dieseltriebwagen als betriebssicher und praxistauglich, so dass die DRG große Pläne zur Beschaffung großer Stückzahlen schmiedete.
Am 30. Januar 1937 verkündete Adolf Hitler auf einer Reichstagssitzung, dass das Deutsche Reich wieder die uneingeschränkte Hoheit über die Deutsche Reichsbahn an sich nimmt. Nur wenige Tage später, am 10. Februar, erschien das »Gesetz zur Neuregelung der Verhältnisse der Reichsbank und der Deutschen Reichsbahn«, das formell am 12. Februar (rückwirkend zum 30. Januar) in Kraft trat. Das Unternehmen trug nur noch den Namen "Deutsche Reichsbahn", die "Gesellschaft" wurde aufgelöst. Die offizielle Abkürzung lautete DRB, wenngleich diese nur in sehr wenigen Fällen auch tatsächlich an Fahrzeugen angebracht wurde. Über diesen Punkt streiten die Historiker immer wieder gerne, hierzu ist viel Widersprüchliches in der Literatur zu lesen. Das »DR« an vielen Fahrzeugen soll hingegen für »Deutsches Reich« gestanden haben – auf dieser Webseite (und unseren Partnerseiten) verwenden wir für den Zeitraum von 1937 bis 1945 aber ausschließlich die Bezeichnung DRB.
Für die Kriegsstrategen des Nazi-Regimes war die direkte Unterstellung der Reichsbahn ein Teil der Kriegsvorbereitung. In diesem Zusammenhang ist auch die enorme Vergrößerung der DRB zu sehen, da nicht nur mehrere Privatbahnen zwischen 1938 und 1941 »verstaatlicht«, sondern auch durch Annexion und Anschluss die gesamten Bundesbahnen Österreichs (BBÖ, 1938) sowie Teile anderer Staatsbahnen übernommen werden. Für die Logistik der Feldzüge des kommenden Zweiten Weltkrieges war die Bahn enorm wichtig. Eine gewichtige Rolle spielte die Reichsbahn auch bei der Judendeportation sowie deren systematische Vernichtung in den Konzentrationslagern.
Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstand die DRB den vier Besatzungsmächten und wurde von diesen bzw. in deren Auftrag zunächst weiterbetrieben. 1949 ging sie in der neu gegründeten DB (siehe hierzu den Abschnitt DB / Deutsche Bundesbahn (1949-1993)) der westlichen Besatzungszonen sowie der DR (siehe hierzu den Abschnitt DR / Deutsche Reichsbahn (1949-1993)) in der sowjetisch besetzten Zone auf.