Deutsche Reichsbahn (1949-1993)
Nach dem Zweiten Weltkrieg bildete sich aus der Sowjetzone am 7. Oktober 1949 die Deutsche Demokratische Republik (DDR) auf Betreiben der Sowjetunion, nachdem knapp fünf Monate zuvor die Bundesrepublik Deutschland aus den drei westlichen Besatzungszonen gebildet wurde. Die Staatsbahn DR wurde allerdings, anders als im Westen, nicht »gegründet«.
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die sowjetische Militäradministration (SMAD) im Befehl Nr. 8 ihrer Transportabteilung verfügt, dass die Deutsche Reichsbahn den geregelten schienengebundenen Güter- und Personenverkehr im Gebiet der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) wiederaufzunehmen hat. Nach der Gründung der DDR behielt diese die Bezeichnung »Deutsche Reichsbahn« mit dem Kürzel DR bei, obwohl sich die DDR-Führung in anderen Bereich stark von ihrer eigenen Vergangenheit im Deutschen Reich distanzierte. Grund hierfür waren vor allem strategische Überlegungen im Hinblick auf West-Berlin: Im Potsdamer Abkommen wurde festgelegt, dass die Betriebsrechte in Berlin allein der Deutschen Reichsbahn obliegen. Hätte sich die DR umbenannt, hätte sie möglicherweise den Verlust ihrer Betriebsrechte auch in West-Berlin befürchten müssen. Diskussionen um die Fortführung des DR-Namens wurden staatlicherseits unterbunden.
Die meisten Privatbahnen in der SBZ wurden vor allem zum Stichtag 1. April 1949 »in Volkes Hand« überführt, so dass diese nun ebenfalls der Reichsbahn unterstellt wurden. Von einer »Verstaatlichung«, wie es oft in der einschlägigen Literatur zu lesen ist, kann aber zumindest bei diesem frühen Datum keine Rede sein, da die DDR erst ab 7. Oktober 1949 als Staat existierte.
Die DR hatte mit großen strukturellen Problemen zu kämpfen. Der Wiederaufbau der Infrastruktur war wegen großer Reparationsleistungen, die an die Sowjetunion abgeführt wurden, sehr schwierig. So wurden an den meisten zweigleisigen Strecken ein Gleis abgebaut und der nach Kriegsende gerade erst wieder aufgenommene elektrische Betrieb rund um Halle/Leipzig und bis nach Probstzella eingestellt und die dafür notwendigen Anlagen abgebaut. Das betraf auch alle fast alle elektrischen Lokomotiven und Triebwagen, sofern diese einsatzfähig waren – selbst welche derStromschienen-S-Bahn von Berlin. Erst 1952 gab die Sowjetunion einen Teil der Fahrzeuge wieder zurück, die daraufhin mit großem Aufwand repariert werden mussten.
In den 1960ern und 1970ern forcierte die DR ein ehrgeiziges Elektrifizierungsprogramm, bis aus ökonomischen Gründen der Dieseltraktion Vorrang eingeräumt wurde. Ab 1976 wurde mit Beginn der Ölkrise wieder der elektrischen Traktion Vorrang eingeräumt. Wikipedia berichtet, dass die Streckenlänge im Jahre 1979 insgesamt 14.164 Kilometer betrug, von denen 1.621 Kilometer elektrifiziert und insgesamt 290 Kilometer schmalspurig waren.
Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 und der Auflösung der DDR wurde die DR zu einem Teil des Bundeseisenbahnvermögens. Zum 1. Januar 1994 vereinigte sie sich mit der Deutschen Bundesbahn zur handelsrechtlich organisierten Kapitalgesellschaft Deutsche Bahn AG.
Für den Zeitraum von 1949 bis zum 31.12.1993 verwenden wir im Triebwagenarchiv (und auf allen anderen angeschlossenen Seiten des Lok-Datenbank-Projektes) die Abkürzung DR zur Abgrenzung zu der Reichsbahnzeit im Dritten Reich (dort DRB). Da es kein »Gründungsdatum« o.ä. für die DR gibt, geben wir in den einzelnen Fahrzeuglebensläufen als Zeitpunkt für den Übergang auf die DR nur die etwas vage Angabe __.__.1949 an.