VT 92
Noch 1949 begann das Zentralamt München der gerade erst gegründeten Deutsche Bundesbahn mit der Entwicklung neuer zukunftsweisender Brennkraftfahrzeuge. Während gemeinsam mit der Waggonfabrik Uerdingen an neuen Schienenbussen gearbeitet wurde (VT 95), erhielt MAN den Auftrag, einen neuen Versuchsträger für Hauptbahn-Dieseltriebwagen zu konstruieren. Dieser Versuchsträger hatte die Aufgabe, neue Antriebsanlagen und -komponenten sowie eine völlig neue strömungsgünstige Kopfform zu erproben.
MAN stand für diese Aufgabe der DRG/DRB-Triebwagen 872 zur Verfügung, von dem der Hersteller Teile des geschweißten Rahmens übernahm. Der Wagenkasten wurde vollständig neu gebaut und erhielt, quasi als 1:1-Studienobjekt für weitere geplante Triebwagenbeschaffungen, die neue völlig abgerundete Stirnfront. Ähnliche Stromlinienformen haben sich bereits in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre bei den Schnelltriebwagen der DRB durchgesetzt. Die Biegung der Bleche waren zwar kostspielig, doch erhoffte sich die DB den Bau größerer Serien eine Amortisierung für diese Investition. Die Front sollte später in exakt gleicher Form bei den Baureihen VT 08 und VT 12 zur Anwendung kommen. Anders als bei diesen Baureihen wurde das Versuchsfahrzeug allerdings mit herkömmlichen Puffern und Zughaken ausgestattet.
Die beiden Drehgestelle wurden komplett neu angefertigt. Der Motor wurde nicht fest im Fahrzeugrahmen, sondern im Maschinendrehgestell am Führerraum 1 verankert. Sowohl der Motor als auch das hydraulische Getriebe konnten leicht ausgetauscht werden. Anfangs wurde ein MAN-Motor L 12 V 17,5/21 mit 590 kW/800 PS Leistung verwendet, der später durch ein Modell mit 735 kW/1000 PS ersetzt wurde.
Das Fahrzeug wurde quasi ohne Inneneinrichtung ausgeliefert, da er nicht im Personenzugdienst eingesetzt werden sollte. Später befanden sich einige Personalabteile für Überführungsfahrten im Fahrzeug.
Ab Werk wurde der Wagen vermutlich mit einem tomatenroten Grundlack und beigerotem Fensterband ausgeliefert. Die Angaben hierzu sind allerdings, je nach Quelle, widersprüchlich. Im Sommer 1955 erhielt er den üblichen purpurroten Lack, der zum betongrauen Dach und zur anthrazitfarbenen Schürze nur durch einen schmalen sandgelben Zierstreifen getrennt wurde.
1957 endete offiziell der Versuchseinsatz des Fahrzeugs. Er wurde nun beim Bw Nürnberg Hbf beheimatet und kam sporadisch in den Sommermonaten auch als »Zuglok« vor Reisezügen zum Einsatz, besaß aber selbst keine Zugheizung. Hauptaufgabe war nun die eines Schlepptriebwagen für Überführungsfahrten zum AW Nürnberg. Er wurde immer dann gebraucht, wenn in Hamburg-Altona Mittel- oder Steuerwagen VM 08, VS 08, VM 11, VM 12 oder VS 12 untersuchungspflichtig wurden und zum Nürnberger Werk überführt werden mussten. Dafür erhielt das Fahrzeug provisorische Übergangskupplungen.
1966 erhielt das Fahrzeug erneut eine neue Lackierung und nun auch die von VT 08 und VT 12 bekannte anthrazitgrauen »Maske«, die die Frontfensterpartie umfasste und von einem hellen Kontraststreifen begleitet wurde und zur Kupplung hin auslief.
Im Nummernplan vom 1. Januar 1968 wurde der Triebwagen als Baureihe 692 eingereiht.
Text: © Malte Werning
Quellen und Literatur
- Kenning, Ludger / Tempel, Norbert (Hrsg): DB-Triebwagen der 50er Jahre. Die Stromlinientriebwagen des deutschen Wirtschaftswunders. Münster 1986.
- Koschinski, Konrad: Eierköpfe. Eisenbahn-Journal Sonderausgabe 2/2007. Fürstenfeldbruck 2007.
- Kurz, Heinz R.: Die Baureihen VT 08 und VT 12.5 – Die "Eierköpfe" der Deutschen Bundesbahn. Freiburg 2018.
- VT92 501 GbR: VT 92 501.